Bei Nachforderungsansprüchen des Vermieters aus Nebenkostenabrechnungen verjähren seine Ansprüche in drei Jahren. Trotzdem ist der Vermieter im Ausnahmefall gehindert, diese Nachforderung erfolgreich geltend zu machen, obwohl die Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Dann, wenn die Rechte des Vermieters verwirkt sind, kann sich der Mieter erfolgreich gegen eine Zahlungspflicht wehren. Ob allerdings vor Ablauf der Verjährungsfrist Zahlungsansprüche verwirkt sind, muss stets am Einzelfall und sehr streng geprüft werden. In einem aktuellen Urteil (BGH VIII ZR 146/11) bejahte das Gericht eine Verwirkung, weil der Vermieter die Nachforderung für das Kalenderjahr 2005, abgerechnet mit Schreiben vom 30.6.2006, erst kurz vor dem Ende der Verjährungsfrist, nämlich am 31.12.2009, eingeklagt hatte. Regelmäßig setzt die Verwirkung neben dem schlichten Zeitablauf ein besonderes Verhalten des Vermieters voraus, das den Mieter berechtigterweise im Glauben lässt, der Vermieter werde den Zahlungsanspruch nicht mehr geltend machen. Im vorliegenden Verfahren hatte der Mieter im Prozess vorgetragen, er hätte mit der Klage deshalb nicht mehr rechen müssen, weil er bei allen Betriebskostenabrechnungen in den Jahren 2002 - 2007 stets 11 konkrete Punkte aus den Abrechnungen beanstandet hätte. Trotz dieser konkreten Rüge hätte der Vermieter niemals reagiert und auch nicht versucht, die Nachforderungen aus den jeweiligen Nebenkostenabrechnungen gerichtlich geltend zu machen. Mit dieser Argumentation setzte sich der Mieter durch. Nicht allein maßgeblich war nach Auffassung des Bundesgerichtshofes der schlichte Zeitablauf und der Umstand, dass sich der Vermieter mit seiner Klage sehr viel Zeit gelassen hat. Vielmehr hat der Bundesgerichtshof abgestellt auf die konkreten Rügen des Mieters zur Richtigkeit der Nebenkostenabrechnung, die sich Jahr für Jahr wiederholten und die der Vermieter stets kommentarlos hingenommen hat. Hierin sah der Bundesgerichtshof ein Verhalten des Vermieters, das den Mieter berechtigterweise glauben lassen konnte, der Vermieter würde ein Guthaben aus der streitgegenständlichen Abrechnung gerichtlich nicht mehr geltend machen.

Tipp: Verwirkung vor Ablauf der Verjährungsfrist ist selten und immer abhängig von besonderen Umständen des Einzelfalles. Haben Sie in früheren Abrechnungen Fehler gerügt, ohne dass sich Ihr Vermieter hierauf gemeldet hätte und wiederholen sich die Fehler in den folgenden Nebenkostenabrechnungen, bestehen unter Hinweis auf die genannte BGH-Entscheidung gute Chancen, dass der Anspruch des Vermieters verwirkt ist.

In diesen Tagen erhalten Mieter Post vom Vermieter, nämlich die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2011. Hier entsteht oft Streit um die Frage, welche Kosten abgerechnet werden dürfen und nach welchen Kriterien diese im Haus verteilt werden müssen. In einer Pressemitteilung des Deutschen Mieterbundes aus dem Oktober 2012 greift dieser nochmals 20 wichtige Entscheidungen des BGH rund um die Nebenkostenabrechnung auf. Hierbei handelt es sich allerdings nur um eine kleine Auswahl aller möglichen Themen bei Überprüfung einer Nebenkostenabrechnung. Nach Einschätzung des Deutschen Mieterbundes ist jede zweite Abrechnung falsch, zumindest jedoch unvollständig und nicht immer nachvollziehbar.

Rückforderung
Spätestens 12 Monate nach Ablauf der Abrechnungsperiode muss der Vermieter über Betriebskosten abgerechnet haben. Verpasst er diese Frist, muss der Mieter in der Regel nichts nachzahlen. Hat er irrtümlich und in Unkenntnis von dieser Ausschlussfrist auf die Abrechnung gezahlt, kann er sein Geld zurückfordern. Der Vermieter ist ungerechtfertigt bereichert (BGH VIII ZR 94/05).

Abrechnungsfrist
Innerhalb der zwölfmonatigen Abrechnungsfrist muss der Mieter die Abrechnung erhalten haben. Es genügt nicht, wenn der Vermieter die Abrechnung in diesem Zeitraum abgeschickt hat. Ein eventuelles Verschulden der Post wird dem Vermieter zugerechnet (BGH VIII ZR 107/08).

12 Monate
Der Vermieter hält die zwölfmonatige Abrechnungsfrist schon dadurch ein, dass er dem Mieter eine formell ordnungsgemäße Abrechnung zuschickt. Ob die Abrechnung inhaltlich richtig ist, ist nicht entscheidend (BGH VIII ZR 115/04).

Abrechnungszeitraum
Der nach dem Gesetz vorgeschriebene Abrechnungszeitraum bei Betriebskosten von einem Jahr kann von den Vertragsparteien einvernehmlich verlängert werden, zum Beispiel auf 19 Monate. Das macht Sinn, wenn auf eine kalenderjährliche Abrechnung umgestellt werden soll (BGH VIII ZR 316/10).

Adressat
Es reicht aus, wenn der Vermieter die Betriebskostenabrechnung an einen der beiden Ehepartner adressiert und von diesem die Nachzahlung fordert (BGH VIII ZR 263/09).

Inhaltliche Mängel
Der Vermieter kann die Betriebskostenabrechnung nachbessern, wenn sie inhaltliche Mängel hat, zum Beispiel: Kosten werden abgerechnet, obwohl sie nicht vereinbart sind oder obwohl eine Pauschale im Mietvertrag vereinbart ist, oder die Vorauszahlungen sind in der Abrechnung falsch berechnet worden, bzw. es wurden nicht die tatsächlich gezahlten Vorauszahlungen berücksichtigt (BGH VIII ZR 240/10).

Unwirksamkeit
Ein unverständlicher Verteilerschlüssel ist ein formeller Mangel und führt zur Unwirksamkeit der Abrechnung (BGH VIII ZR 84/07).

Formeller Fehler
Verschickt der Vermieter eine Abrechnung, die schon aus formellen Gründen unwirksam ist, beispielsweise weil kein Verteilerschlüssel angegeben ist, wird die 12-monatige Einwendungsfrist des Mieters nicht in Gang gesetzt (BGH VIII ZR 27/10).

Wasserkosten
Im Normalfall, in dem die Wohnungen der Abrechnungseinheit im Wesentlichen vermietet sind, können die Kosten der Wasserversorgung einheitlich nach dem erfassten Wasserverbrauch umgelegt werden. Das gilt auch für die Fixkosten wie Grundgebühren oder Zählermiete (BGH VIII ZR 183/09).

Wasserzähler
Überdimensionierte Wasserzähler müssen ausgetauscht werden, wenn der Wasserversorger zählerabhängige Grundgebühren fordert und die Wasserkosten auch von der Zählergröße abhängen (BGH VIII ZR 97/09). Dagegen dürfen ungeeichte Wohnungs-Wasserzähler weiter verwendet werden. Der Vermieter muss aber nachweisen, dass die angezeigten Werte zutreffend sind (BGH VIII ZR 112/10).

Sperrmüll
Im Rahmen der Betriebskostenabrechnung darf der Vermieter auch Sperrmüllkosten abrechnen und auf die Mieter umlegen. Es handelt sich um Kosten der Müllbeseitigung (BGH VIII ZR 137/09).

Versicherung
Die Kosten der Sach- und Haftpflichtversicherung dürfen in der Betriebskostenabrechnung in einer Summe ausgewiesen werden. Der Vermieter muss nicht die einzelnen Versicherungsarten aufschlüsseln, zum Beispiel Gebäudeversicherung, Glasversicherung, Haftpflichtversicherung für das Gebäude, für den Öltank oder für den Aufzug (BGH VIII ZR 346/08).

Elektroanlagen
Kosten der Überprüfung von Elektroanlagen sind keine Instandsetzung- und Instandhaltungskosten, sondern umlagefähige Betriebskosten. Sie können als "sonstige Betriebskosten" im Mietvertrag aufgeführt werden (BGH VIII ZR 123/06).

Aufzug
Ein Erdgeschossmieter kann an den Aufzugskosten beteiligt werden (BGH VIII ZR 103/06), nicht aber Mieter in einem anderen Gebäudeteil, die den Aufzug nicht nutzen können (BGH VIII ZR 128/08).

Sonstige Betriebskosten
Sonstige Betriebskosten sind nur umlagefähig, wenn im Mietvertrag die umzulegende Kostenart konkret vereinbart wurde (BGH VIII ZR 167/03).

Öltank
Die Kosten der Öltankreinigung sind Betriebskosten, sog. Heizungsnebenkosten. Damit dürfen sie über die Heizkostenabrechnung an die Mieter weitergegeben werden (BGH VIII ZR 221/08).

Funkbasierte Ablesesysteme
Vermieter dürfen die bisher eingesetzten Geräte zur Erfassung der Heizkosten (Heizkostenverteiler) oder Wasserkosten gegen funkbasierte Ablesesysteme austauschen. Mieter müssen den Einbau dieser Geräte dulden (BGH VIII ZR 326/10).

Nutzerwechsel
Kosten im Zusammenhang mit einem Nutzer- oder Mieterwechsel, zum Beispiel Kosten einer Zwischenablesung, sind keine Betriebskosten. Der Vermieter muss diese Kosten übernehmen, es sei denn, im Mietvertrag ist ausdrücklich eine andere Regel:: ung vereinbart (BGH VIII ZR 19/07).

Fehler reklamieren
Spätestens 12 Monate nachdem er die Nebenkostenabrechnung erhalten hat, muss der Mieter eventuelle Fehler reklamieren. Geschieht dies nicht, muss er auf die falsche Abrechnung zahlen. Das gilt selbst dann, wenn der Vermieter Jahr für Jahr den gleichen Fehler in der Abrechnung macht und der Mieter in den vergangenen Jahren immer erfolgreich reklamiert hatte (BGH VIII ZR 185/09).


Fotokopien
Mieter haben das Recht, die Unterlagen für ihre Betriebskostenabrechnung zu prüfen. Sie haben Anspruch auf Einsicht in die Originalbelege und -rechnungen. Sie können aber nur ausnahmsweise fordern, dass ihnen Kopien der Belege zugesandt werden, zum Beispiel wenn der Vermieter sein Büro nicht am Ort der Wohnung hat (BGH VIII ZR 78/05; BGH VIII ZR 83/09).

Wie der Deutsche Mieterbund nochmals betont, kann es sehr ratsam sein, Unterlagen zum Mietverhältnis aufzubewahren - selbst dann, wenn das Mietverhältnis bereits beendet ist. Mietverträge und Übergabeprotokolle sollten so lange aufbewahrt werden, bis die Verjährungsfrist für eigene Ansprüche oder für die Ansprüche des Vermieters abgelaufen sind, also in der Regel drei Jahre. Nebenkostenabrechnungen sollten schon zu Vergleichszwecken mindestens ein Jahr aufgehoben werden. Kontoauszüge für die Mietzahlungen sollten mindestens drei Jahre aufgehoben werden, damit der Mieter im Streitfalle nachweisen kann, dass er seinen Zahlungspflichten nachgekommen ist. Ganz wichtig ist die Archivierung des Kontoauszuges, mit dem der Mieter die Zahlung der Kaution bei Mietantritt nachweisen kann. Diesen Bankbeleg sollte der Mieter bis zur Abrechnung über die Kaution bei Auszug aufbewahren. Von Interesse kann auch bei entsprechenden Absprachen zwischen Mieter und Vermieter sein, welche Eigenleistungen der Mieter erbracht hat. Auch hier sollten Reparatur- und Handwerkerrechnungen archiviert werden.

In einer neueren Entscheidung hat der Bundesgerichtshof (BGH VIII ZR 330/11) eine sehr bemerkenswerte, aber künftig zu beachtende Auffassung vertreten:

Im fraglichen Fall hatte der Vermieter ein Wohnraummietverhältnis gekündigt und sich zur Begründung darauf berufen, dass seine Ehefrau die Mieterwohnung für das Betreiben der Anwaltskanzlei benötigt. Zwar hat der BGH ausgeführt, es läge kein Eigenbedarf vor, da der Vermieter die gekündigten Räume nicht als Wohnräume für sich oder seine Angehörigen braucht (§ 573 Abs. 2 Ziff. 2 BGB). Trotzdem hielt der BGH die Kündigung für begründet, weil der Vermieter ein "berechtigtes Interesse" an der Beendigung des Mietverhältnisses besitze, da er die vermietete Wohnung ausschließlich für seine berufliche Tätigkeit oder die eines Familienangehörigen nutzen will. Dieses Vermieterinteresse, so der BGH, ist aufgrund der verfassungsrechtlich geschützten Berufsfreiheit nicht geringer zu bewerten als das Eigenbedarfinteresse.

Diese Entscheidung stellt eine Zäsur dar und wird künftig Kündigungen des Vermieters erleichtern.

Tipp: Es ist besonders wichtig, dass die Kündigung durch den Mieterverein geprüft wird.

Wenn der Vermieter über die Nebenkosten nicht innerhalb einer Jahres abgerechnet hat, kann er vom Mieter auf Erteilung dieser Abrechnung vor Gericht verklagt werden. Der Mieter kann aber auch zu einem weiteren, sehr probatem Druckmittel greifen: Die Gerichte erlauben in diesem Fall, dass der Mieter die weiteren Betriebskostenvorauszahlungen so lange zurückbehält, bis der Vermieter abgerechnet hat. Diese Regelung findet aber nur bei einem noch bestehenden Mietverhältnis Anwendung. Ist das Mietverhältnis bereits beendet, steht dem Mieter, wenn die Nebenkostenabrechnung nicht erstellt wird, sogar das Recht zu, alle im fraglichen Abrechnungszeitraum geleisteten Vorauszahlungen zurückzufordern. Dieses Recht hat allerdings der Bundesgerichtshof in einer jüngeren Entscheidung (BGH VIII ZR 315/11) eingeschränkt. Die Forderung des Mieters ist dann nicht durchsetzbar, wenn er im laufenden Mietverhältnis jahrelang nichts unternommen hat, um seinen Abrechnungsanspruch durchzusetzen und er diesen erstmals nach seinem Auszug geltend macht.

Tipp: Rechnet der Vermieter über die Nebenkosten nicht ab, sollten Sie den Rat des Mietervereins einholen, um keine Rechte zu verlieren.